Wie Perfektionismus vom Leidensdruck zur Superpower wird
- Carina Kirch
- 22. Dez. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Als selbst bekennende Perfektionistin möchte ich dir hier ein paar meiner Gedanken teilen. Falls du auch zu den Perfektionisten gehörst und dich der Selbstoptimierungsdrang gepackt hat, heiße ich dich herzlich willkommen. Erst neulich ist mir mein Anamnesebogen aus meiner Coachingzeit wieder in die Hände gefallen und darauf war mein eines meiner Hauptthemen Perfektionismus mit einem Belastungswert von 5 von 10. Irgendwie war es belastet und irgendwie wusste ich, dass es auch meine persönliche Superpower ist. Nun ja …
Perfektionismus – ist ja ein Begriff, der auch genau in diesem oft zwiespältigen Licht betrachtet wird. Einerseits wird er als Triebfeder für Exzellenz gepriesen, andererseits als Quelle von Stress und Unzufriedenheit. Die Suche nach Perfektion kann uns zu großen Höhen treiben, aber auch in einem Labyrinth aus Selbstkritik gefangen halten. Genau dies erlebe ich immer noch, nur kann ich heute besser damit umgehen, weil ich rechtzeitig die Bremse ziehe.
An dieser Stelle möchte ich dir noch eines vorab sagen. Jeder Coach oder Berater da draußen, der dir sagt oder gar verspricht dich davon heilen zu können, dass du nicht mehr so fühlst und davon befreit bist, erzählt dir nicht die Wahrheit! Und das gilt bei egal welchem Leidensthema, es triggert dich vielleicht nicht mehr oder nicht mehr so stark, doch trotzdem ist genau das auch ein Teil von dir, den du integrieren und als Superpower verstehen darfst.
Doch wie finden wir nun das richtige Gleichgewicht zwischen der Verfolgung von Perfektion und dem Vermeiden von übermäßigem Druck und Selbstzweifeln?
Der Reiz der Perfektion- Wunsch und Bestreben nach Erfolg
Der Perfektionismus zieht uns an, indem er die Idee verkörpert, dass alles möglich ist, wenn wir nur hart genug arbeiten. Er verspricht uns, dass nur das Beste gut genug ist. Es ist diese Vorstellung von makelloser Leistung, die uns antreibt, unser Bestes zu geben und uns ständig zu verbessern.
Es ist schwer zu leugnen, dass Perfektionismus viele positive Aspekte hat. Er kann uns motivieren, unsere Ziele zu erreichen, uns dazu bringen, hart zu arbeiten und uns selbst zu übertreffen. Menschen, die sich nach Perfektion sehnen, neigen oft dazu, akribisch, detailorientiert und hartnäckig zu sein, Eigenschaften, die oft zu großem Erfolg führen. In zwischenmenschlichen Beziehungen sind Perfektionisten, jedoch nicht die angenehmsten Zeitgenossen. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, ich wurde oft als kalt, unnahbar, arrogant und als Person, die „fishing-for-compliments“ betreibt wahrgenommen. Außerdem handelte ich pedantisch und kontrollierte. Meinen eigenen Maßstab wendete ich auch auf meine Mitmenschen an. Nicht gerade sympathisch, wenn ich das nun so betrachte.
Die dunkle Seite des Perfektionismus- Der Dämon in mir
Doch auf der anderen Seite der Medaille liegt eine unerbittliche Selbstkritik. Der Druck, perfekt zu sein, kann zu Angst, Stress und sogar zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit führen. Das Streben nach Perfektion kann zu einem endlosen Zyklus werden, in dem Erfolge nie ausreichend sind und Fehler als unverzeihlich betrachtet werden. Nicht selten geraten Perfektionisten auch in ein Burnout. Der eigene Selbstwert ist extrinsisch motiviert und leistungsabhängig.
Dieser ungesunde Perfektionismus kann dazu führen, dass wir uns selbst sabotieren, indem wir uns sogar davor fürchten, überhaupt anzufangen, um potenzielle Fehler zu vermeiden. Entweder wir ziehen komplett unerbittlich durch oder kommen gar nicht ins Handeln.
Motive des Perfektionismus
Leistungsabhängiger Selbstwert: ich bin nur wertvoll, wenn ich leiste
Sich selbst und anderen etwas beweisen zu wollen
Suche und Abhängigkeit von Anerkennung von Außen
Oftmals Angst vor Ablehnung und Bewertung
Selbstoptimierungsbestreben
weniger die Freude an der Vollkommenheit, als die Hoffnung auf Unangreifbarkeit,
Sicherheit und Zugehörigkeit: bloß keine Fehler machen
Perfektionismus ist Angst verkleidet im Prinzessinnenkostüm mit viel Glitzer drauf!
Selbstliebe- Das Finden der Balance
Die Kunst des Lebens besteht oft darin, ein Gleichgewicht zu finden. Auch beim Perfektionismus ist dies der Schlüssel. Statt uns von einem Extrem ins andere zu stürzen, sollten wir eine gesunde Form des Perfektionismus anstreben, die uns motiviert, ohne uns zu erdrücken.
Done is better than perfect!
Das bedeutet, dass wir lernen müssen, unsere Standards situationsbedingt anzupassen und zu akzeptieren, dass Perfektion nicht immer erreichbar ist. Zudem ist es hilfreich, sich genügend Freiraum einzuräumen. Fehler als Lernchancen zu betrachten und uns selbst mit Freundlichkeit und Selbstmitgefühl zu behandeln, hilft enorm, den innerlichen Druck abzubauen.
Tipps, um zum gesunden Perfektionismus zu gelangen
Realistische Ziele setzen
Fehler akzeptieren und als Teil des Lernprozesses betrachten
Selbstmitgefühl kultivieren und Selbstwert stärken
Pausen einlegen, sie sind wichtig um neue Kraft zu tanken
Erfolge immer wieder bewusst machen und feiern. Stell dein Licht nicht unter den Scheffel
Eigene Grenzen wahrnehmen und wahren. Wir sind immer noch Menschen und keine Maschinen
Reflektieren was gut klappt und was weniger und dann entsprechend anpassen
Selbstbewusstsein aufbauen, indem du diese Tipps integrierst. Mein Lieblingstool ist es zu Journalen.
Nach Hilfe fragen und angebotene Hilfe auch annehmen
Achtsamkeit für die eigenen Emotionen entwickeln und diese wertfrei beobachten
Prioritäten setzten. Zeit ist universell gleich verteilt, teile dir deine für die wirklich wichtigen Dinge gut ein
Perspektiven wechseln. Manchmal hilft es, mit ein wenig Abstand auf geschehene Ereignisse, die du als fehlerhaft, nicht gut genug oder schlecht bewertest, noch einmal ganz anders zu betrachten
Spontanität und Flexibilität etablieren. Das Arbeiten an unserer Komfortzone verhilft uns zu mehr Selbstbewusstsein, baut Selbstzweifel ab und stärkt unseren Selbstwert
Fazit
Perfektionismus kann ein starker Antrieb sein, uns zu Höchstleistungen zu bringen, aber er birgt auch die Gefahr, uns zu überfordern. Es ist wichtig, die negativen Auswirkungen des Perfektionismus zu erkennen und Strategien zu entwickeln, um ein gesundes Gleichgewicht zu finden. Dann kehrt mehr Zufriedenheit in uns ein, wir sind entspannter und glücklicher.
Die Reise zum Gleichgewicht zwischen Exzellenz und Selbstakzeptanz mag eine Herausforderung sein, aber sie ist lohnenswert. Wenn wir lernen, den Perfektionismus in gesunden Bahnen zu lenken, können wir unsere Ziele erreichen, ohne uns selbst dabei zu verlieren. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, das Beste aus dem zu machen, was wir sind und was wir tun.
Die Entwicklung eines gesunden Perfektionismus erfordert Zeit und Übung. Es geht darum, bewusstere Entscheidungen zu treffen, sich selbst zu erlauben, menschlich zu sein und eine ausgewogene Sicht auf Erfolg und Fehler zu kultivieren.
Also lerne deine Superpower für dich einzusetzen 😊
Deine Carina
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